Nein! Die Empfehlung des Netzwerks Gesund ins Leben, Beikost frühestens mit Beginn des 5. Monats und spätestens mit Beginn des 7. Monats einzuführen ist wissenschaftlich gut begründet. Sie steht im Einklang mit Empfehlungen internationaler sowie nationaler Fachgesellschaften und -institutionen [3, 5, 7, 8, 12] und schließt die Empfehlung der Leitlinie Allergieprävention mit ein. Für den genauen Zeitpunkt des Beikostbeginns in dem genannten Zeitfenster ist die individuelle Entwicklung des Kindes entscheidend. Das gilt für alle Säuglinge, also auch für Kinder mit erhöhtem Allergierisiko. Es bedeutet: Ist das Kind bereits mit Beginn des 5. Monats reif für die Beikost, sollte die Einführung aus Gründen der Allergieprävention nicht verzögert werden. Zeigt es allerdings noch keine Bereitschaft, sollte es auch nicht zu einem Beikoststart mit Beginn des 5. Monats gedrängt werden. Im Hinblick auf die Beikostzutaten ist Abwechslung empfehlenswert und auch potentielle Nahrungsmittelallergene sind durchaus erwünscht [14].
Das empfohlene Zeitfenster für die Beikosteinführung ist sicher.
Muttermilch deckt im Allgemeinen den Nährstoffbedarf des Säuglings in den ersten sechs Lebensmonaten. Doch manche Säuglinge sind bereits früher reif für die Beikost (mehr zu den Reifezeichen siehe unten). Zwischen dem Beginn des 5. Monats und dem Beginn des 7. Monats mit Beikost anzufangen, ist sicher und hat keine gesundheitlichen Nachteile. Zu diesem Schluss kommt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in ihrer ausführlichen wissenschaftlichen Stellungnahme zum angemessenen Alter für die Beikosteinführung [3]. Damit Babys Beikost vertragen können, ist eine gewisse physiologische Reife nötig. Erst ab einem Alter von 4 Monaten sind Nieren und Gastrointestinaltrakt bei reif geborenen Säuglingen ausreichend entwickelt, um Beikost verdauen zu können [7].
Vorteil einer frühen Beikosteinführung zur Allergieprävention nicht hinreichend bewiesen.
Über Nachgefragt
In der Rubrik Nachgefragt gehen wir Irrtümern auf den Grund und erklären altes Wissen neu.
In Beobachtungsstudien sind Assoziationen zwischen dem Zeitpunkt der Beikosteinführung und der Häufigkeit von Allergien zu sehen. Allerdings beweisen Beobachtungsstudien keine Ursache-Wirkungs-Beziehung. In der randomisierten PROBIT-Studie (Promotion of Breastfeeding Intervention Trial) wirken sich die Stilldauer und der Zeitpunkt der Beikosteinführung nicht auf allergische Sensibilisierung, Ekzem und Asthma im Schulalter aus [10]. In einer aktuellen randomisierten Studie wurde die frühere Einführung von sechs verschiedenen allergenen Lebensmitteln (zwischen 3 und 6 Lebensmonaten) mit der späteren Einführung (ab ca. 6 Monaten) hinsichtlich der Wirkung für das Auftreten von Nahrungsmittelallergien bis zum Alter von 3 Jahren verglichen. Der Gruppenunterschied war nicht signifikant [13]. Insgesamt zeigt die Datenlage, dass Vorteile einer frühen Beikosteinführung (Beginn 5. Monat) im Vergleich zu einer späteren (Beginn 7. Monat) im Hinblick auf das Allergierisiko nicht belegt sind [6]. Auch für Säuglinge mit erhöhtem Allergierisiko ist die individuelle Entwicklung für den Beikoststart entscheidend.
Das Baby zeigt, wann es bereit für den Brei ist.
Kinder unterscheiden sich in ihrer Entwicklung. Deshalb gibt es nicht den einen Starttermin für die Beikost, der für alle Säuglinge optimal ist. Eltern sollten den Zeitpunkt für die Einführung der Beikost von den Signalen des Kindes – seiner Essfähigkeit, seinem Gedeihen, seinem Interesse für Beikost – abhängig machen. Es gibt verschiedene Reifezeichen [1, 2], die auf einen günstigen Zeitpunkt für den Beikoststart hinweisen:
- Das Baby kann mit Hilfe aufrecht sitzen und den Kopf selbstständig halten.
- Es interessiert sich dafür, was Eltern, Geschwister und andere Personen essen.
- Es verlangt nach dem, was andere essen.
- Es öffnet den Mund, wenn der Löffel kommt.
- Es drückt den Brei nicht mehr mit der Zunge aus dem Mund.
Eltern brauchen nicht zu Beginn des 5. Monats auszutesten, ob ihr Kind den Brei bereits annimmt. Das empfohlene Zeitfenster von rund 60 Tagen gibt ihnen die Möglichkeit, gelassen abzuwarten, bis es von sich aus die Bereitschaft für feste Nahrung zeigt. Auch Säuglinge mit erhöhtem Allergierisiko sollten nicht zu einem frühen Beikoststart gedrängt werden.
Bis zur Beikosteinführung ausschließlich stillen und danach weiterstillen.
Diese Empfehlung des Netzwerks Gesund ins Leben berücksichtigt nicht nur den Aspekt der Allergieprävention, sondern auch andere gesundheitliche Vorteile sowie den Zusammenhang zwischen Stillen und Wachstum bzw. Entwicklung. Wird der Säugling nicht gestillt, so sollten Säuglinge mit einem erhöhten Allergierisiko bis zum Beginn der Beikost eine HA-Nahrung erhalten [15]. Danach können Eltern zu einer normalen Säuglingsmilchnahrung wechseln.
Netzwerkempfehlungen schließen Empfehlungen der WHO und der Leitlinie Allergieprävention ein.
Die Empfehlungen von WHO und UNICEF lauten, 6 Monate ausschließlich zu stillen und nach der Einführung von Beikost mindestens bis zum Alter von 2 Jahren weiterzustillen. Diese Empfehlungen gelten für Bevölkerungen weltweit und ganz besonders auch in Entwicklungsländern. Sie gelten nicht zuletzt auch im Hinblick auf den dort besonders wichtigen Schutz vor Infektionskrankheiten durch Stillen [16]. Das vom Netzwerk Gesund ins Leben empfohlene Zeitfenster zur Einführung der Beikost beinhaltet, dass ein Säugling auch entsprechend der WHO-Empfehlung 6 volle Monate ausschließlich gestillt und mit Einführung der Beikost weiter gestillt werden kann. Die Netzwerkempfehlung schließt aber auch ein, die Beikosteinführung aus Gründen der Allergieprävention nicht zu verzögern, wenn das Kind Reifezeichen zeigt.
Abwechslung bei Beikost ausdrücklich erwünscht.
Abwechslung der Zutaten in der Beikost ist in Studien mit einer besseren Akzeptanz von anderen Lebensmitteln assoziiert [11]. Auch Säuglinge mit einem erhöhten Allergierisiko sollten potente Nahrungsmittelallergene wie Ei oder Fisch nicht meiden. Im Gegenteil: Fisch ist im 1. Lebensjahr sogar ausdrücklich erwünscht. Ein allergievorbeugender Effekt ist nicht nachgewiesen, wenn Lebensmittel, die häufig Allergien auslösen, weggelassen werden [14].
Und was ist mit Gluten?
Frühere Empfehlungen lauteten, kleine Mengen Getreide in den Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei (den ersten Brei) zu geben und Gluten unter dem Schutz des Stillens einzuführen. Der aktuelle Kenntnisstand zeigt jedoch, dass eine frühe Gluteneinführung (ab 17 Wochen) das spätere Zöliakierisiko nicht reduziert [4]. Ob die früh zugeführte Menge an Gluten von Bedeutung ist, ist nicht sicher zu beantworten. Deshalb erscheint es ratsam, mit kleinen Mengen glutenhaltigem Getreide oder Getreideprodukten zu beginnen.