Über Nachgefragt
In der Rubrik Nachgefragt gehen wir Irrtümern auf den Grund und erklären altes Wissen neu.
Das Meiden oder die spätere Einführung von häufiger Allergie auslösenden Lebensmitteln bietet keinen Schutz vor Allergien. Eine geregelte Exposition ist zur Toleranzentwicklung wünschenswert. Doch auch eine zu frühe Einführung kann das Risiko für Allergien erhöhen [2]. Für alle Säuglinge – ob mit oder ohne erhöhtes Allergierisiko – empfiehlt das Netzwerk Gesund ins Leben –, die Beikost frühestens mit Beginn des 5. Monats, spätestens mit Beginn des 7. Lebensmonats zu starten und dem Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr des Forschungsinstituts für Kinderernährung zu folgen. Dabei haben auch besonders häufig allergieauslösende Lebensmittel ihren Platz. Auch glutenhaltige Getreide kommen in der Beikost dazu [4].
Lange hieß es mit Blick auf die Allergievorbeugung: Nahrungsmittel, die häufiger Allergien auslösen, möglichst im ersten Lebensjahr zu meiden bzw. spät einzuführen. 2009 fand mit der S3-Leitlinie zur Allergieprävention [6] ein Paradigmenwechsel in den Empfehlungen zur Allergievorbeugung statt, die mit der Aktualisierung der Leitlinie 2014 bestätigt wurde [8]: Eine Verzögerung der Beikosteinführung und das Meiden von Nahrungsmittelallergenen im ersten Jahr wird nicht empfohlen. Das heißt, Fisch, Milch, Ei darf dann genau wie Gemüse, Obst, glutenhaltiges Getreide oder Fleisch auf den Babyteller.
Einführung der Beikost zwischen Beginn des 5. bis Beginn des 7. Lebensmonats
Diese Empfehlung steht im Einklang mit Ergebnissen von Studien, die die Beziehung zwischen dem Zeitpunkt der Beikosteinführung und späterer Allergiemanifestation untersuchten. Im Rahmen einer randomisierten Studie wurden sechs allergene Lebensmittel (Joghurt/Kuhmilch, Erdnuss, gekochtes Hühnerei, Sesam, weißer Fisch und Weizen) in der einen Gruppe zwischen drei und sechs Monaten eingeführt, in der anderen ab einem Alter von sechs Monaten. Ein signifikanter Unterschied für das Auftreten von Nahrungsmittelallergien zeigte sich nicht [7]. Eine aktuelle Meta-Analyse wies nach, dass die Einführung von Ei zwischen vier und sechs Monaten mit einem verringerten Risiko für eine Eiallergie assoziiert ist. Im Hinblick auf eine Erdnussallergie war die Einführung von Erdnüssen zwischen vier und elf Monaten von Vorteil [3]. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass es möglicherweise kritische Zeitfenster für die Allergieprävention gibt. Sie bedeuten aber nicht, dass der Beikoststart zu Beginn des 5. Lebensmonats für die Allergieprävention besser sei als zu Beginn des 7. Lebensmonats. Daher sollten auch Eltern von Kindern mit einem erhöhten Allergierisiko den genauen Zeitpunkt für die erste Beikost von der individuellen Entwicklung des Säuglings abhängig machen. Manche Säuglinge sind bereits zu Beginn des 5. Monats bereit für die Beikost, andere lassen sich damit bis zum 7. Monat damit Zeit..
Ein Brei nach dem anderen
Nach dem Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr des Forschungsinstituts für Kinderernährung wird als erster Brei der Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei eingeführt. Empfehlenswert ist, ein- bis zweimal pro Woche Fisch und Fleisch zu verwenden. Mit den nächsten Breien kommen kleine Mengen Milch und Getreide dazu. Gekochte Eier werden zwar nicht ausdrücklich im Ernährungsplan erwähnt, könnten aber gegeben werden. Vielfalt und Variation innerhalb der Lebensmittelgruppen ist bei jedem Brei erwünscht. Doch um eventuelle allergische Reaktionen auf Lebensmittel zu entdecken, sollte es möglichst nur ein neues Lebensmittel in einer Mahlzeit sein 5.
Glutenmenge schrittweise steigern
Einiges hat sich auch bei den Empfehlungen zur Zöliakievorbeugung getan. Zöliakie ist eine chronische Erkrankung des Dünndarms, die auf einer Unverträglichkeit des Getreideeiweißes Gluten, das u.a. in Weizen, Dinkel, Hafer, Roggen, Gerste, Grünkern enthalten ist, beruht. Hier wurde noch vor einigen Jahren empfohlen, Gluten früh und am besten unter dem Schutz des Stillens einzuführen. Neuere Studien bestätigen diese Empfehlung nicht mehr [5, 9]. So kann Gluten jederzeit zwischen Beginn des 5. Monats und dem 1. Lebensjahr eingeführt werden. Unklar ist, ob sich die früh zugeführte Glutenmenge auswirkt [1]. Daher scheint es ratsam, glutenhaltige Nahrungsmittel zunächst in kleiner Menge anzubieten und schrittweise zu steigern. Der erste Brei – Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei – wird deshalb hin und wieder durch eine kleine Menge Nudeln oder andere glutenhaltige Getreideprodukte ergänzt. Im Milch-Getreide-Brei – üblicherweise der zweite Brei - werden glutenhaltige Getreidearten bevorzugt verwendet.