Einen allgemein gültigen Zeitpunkt für das Abstillen gibt es nicht. Die Handlungsempfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben empfehlen mindestens bis zum Beginn des 5. Monats ausschließlich zu stillen. Danach wird nach und nach Beikost eingeführt und die anderen Mahlzeiten so lange weitergestillt, wie Mutter und Kind es möchten. Die insgesamte Stilldauer ist deshalb individuell sehr unterschiedlich. Es gibt Kinder, die nach wenigen Monaten von selbst abstillen, während andere über das erste Lebensjahr hinaus gestillt werden möchten. Wichtig ist, dass die Entscheidung zum Abstillen von Mutter und Kind gemeinsam getroffen und nicht durch äußeren Druck beeinflusst wird.
Abstillen: Wie geht das?
Abstillen ist ein Prozess, der dem Tempo des Kindes folgt. Ist die Zeit für Mutter und Kind zum Abstillen gekommen, werden Stillmahlzeiten allmählich reduziert. Indem die Brust immer seltener bzw. kürzer angeboten wird oder weniger Milch pro Stillmahlzeit abgepumpt wird, nimmt die Milchproduktion nach und nach ab.
Abstillen wegen Kita oder Job? Das muss nicht sein!
Manche Kitas verlangen von Familien, dass das Kind vor der Kita-Eingewöhnung abgestillt sein muss. Der Kitastart sollte jedoch kein Abstillgrund sein. Auch Stillen und Erwerbstätigkeit sind kein Widerspruch und sind grundsätzlich vereinbar.
Dieses allmähliche, sanfte Vorgehen ist für Mutter und Kind von Vorteil. Beide haben Zeit sich emotional auf das Ende der Stillzeit einzustellen und weiterhin Kuschelzeiten und Nähe – ohne Stillen – zu genießen. Gleichzeitig braucht die Brust der Frau Zeit, sich an die geringere Nachfrage zu gewöhnen, um nach und nach weniger Milch zu bilden. Anfangs ist es daher möglich, dass die Brust etwas spannt. Durch das sanfte Abstillen kann die Stillende beobachten, wie sich die Brüste anfühlen. Wenn sie keine Spannung mehr spürt, hat sich die Milchproduktion an den geringeren Bedarf angepasst. Dann kann die nächste Mahlzeit ersetzt werden. Spannt die Brust, kann es angenehm sein, sie zu kühlen. Es kann auch helfen, etwas Milch per Hand oder per Pumpe zu entnehmen. Aber nur so viel, bis das Spannungsgefühl nachlässt. Nicht mehr, denn sonst wird die Milchbildung zusätzlich wieder angeregt. Dieses Vorgehen beugt einem Milchstau vor.
Welche Mahlzeit zuerst ersetzen?
Hier kann mit der Stillmahlzeit begonnen werden, die für das Kind am „unwichtigsten“ ist und die gut in den Familienalltag passt. Entweder wird die Stillmahlzeit nur verkürzt oder das Kind erhält nach und nach Beikost
Vorteile des allmählichen Abstillens
- Das Kind hat Zeit, sich an die neue festere Nahrung zu gewöhnen.
- Die Umstellung geht oft mit wenig Beschwerden für die Mutter einher.
- Beide können sich emotional in Ruhe auf die neue Situation einstellen.
In sehr selten Situationen ist ein abruptes Abstillen notwendig, etwa durch die ärztliche Verordnung von stillunfreundlichen Medikamenten. Dann werden die Stillmahlzeiten je nach Alter des Kindes durch Flaschenmilch oder Beikost ersetzt und das Baby anders sanft beruhigt. Wenn das Baby mit Flaschenmilch gefüttert wird, kann es beim plötzlichen Abstillen vorkommen, dass das Baby die Flasche nicht (sofort) will, weil sie ungewohnt ist. In dem Fall kann vorübergehend z. B. mit einem Becher gefüttert werden.
Wer kann beim Abstillen unterstützen?
Still- und Laktationsberater*innen oder Hebammen können beim Abstillen unterstützen. Stillende haben weiterhin Anspruch auf Hebammenhilfe, wenn es Schwierigkeiten beim Stillen oder mit der Ernährung des Babys gibt. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für bis zu acht weitere Besuche der Hebamme bis das Kind abgestillt ist.
Was ist mit Abstilltabletten?
Abstillen braucht etwas Zeit, ist in der Regel aber gut durch schrittweise weniger Stillmahlzeiten, Ausstreichen und ggf. Kühlen der Brust möglich. Es braucht keine Medikamente.
Kann Tee das Abstillen unterstützen?
Salbei- oder Pfefferminztee sollen angeblich die Milchbildung vermindern und das Abstillen beschleunigen. Es fehlen allerdings empirische Belege zur Wirksamkeit.
Es gibt aber verschreibungspflichtige Tabletten zum Abstillen, die die Ausschüttung des Stillhormons Prolaktin verringern. Die Milchbildung geht damit zurück. Der Einsatz kann in bestimmten Einzelfällen nach ärztlicher Beratung erwogen werden; sollte durch Hebamme oder Stillberatung begleitet werden.
Emotionale Begleitung beim Abstillen
Das Abstillen ist nicht nur eine körperliche, sondern auch eine emotionale Veränderung für Mutter und Kind. Damit dieser Übergang harmonisch verläuft, können folgende Tipps helfen:
- Viel Körperkontakt und Nähe bieten, um dem Kind weiterhin Sicherheit zu geben.
- Rituale schaffen, die das Stillen ersetzen, z. B. Kuschelzeiten, Vorlesen oder sanftes Wiegen.
- Falls das Kind protestiert, selber ruhig bleiben und das Abstillen langsamer angehen lassen. Es hat sich bewährt immer gleich vorzugehen. Zum Beispiel dem Kind nach dem Essen nicht mehr die Brust anzubieten. Oder man versucht, den Stillplatz im Haus zu den üblichen Stillzeiten zu vermeiden. Stattdessen kuschelt man woanders. Die Mutter kann anfangs auch versuchen, Stillmahlzeiten zu verkürzen.
Wie nachts abstillen?
Viele Mütter finden insbesondere nächtliches Stillen oder das Nuckeln älterer Kinder anstrengend. Gleichzeitig wollen viele Kinder nachts (und abends) häufiger gestillt werden. In diesem Fall ist es hilfreich, den/die Partner*in mit einzubeziehen. Er/sie kann das Kind durch Hautkontakt und Kuscheln liebevoll beim Einschlafen begleiten und die abendliche Einschlafroutine übernehmen. So lernt das Kind, auch ohne Brust (wieder) einzuschlafen, vielleicht im eigenem Bett oder neben dem/der Partner*in. Ein Schluck Wasser kann den nächtlichen Durst des Kindes löschen.
Auch die Mutter sollte sich bewusstmachen, dass Abstillen mit Emotionen verbunden sein kann – Selbstfürsorge und Geduld sind hierbei wichtig. Für Stillende kann das Abstillen vielfältige, teils widersprüchliche Gefühle auslösen: Freude über mehr Freiheit, aber auch Traurigkeit, Verlust oder Schuldgefühle. Auch beim Kind können Emotionen hochkommen. Die Mutter kann es trösten, Nähe durch Kuscheln geben. Auch Flasche und Beikost können so gegeben werden, dass das Kind Zuwendung und Geborgenheit erfährt.
Fazit
Das Abstillen ist ein ganz individueller Prozess, der von Mutter und Kind gemeinsam entschieden werden sollte. Ob nach wenigen Monaten oder nach mehreren Jahren – es gibt keinen richtigen oder falschen Zeitpunkt. Wichtig ist, auf die eigenen Gefühle und die des Kindes zu achten und den Übergang sanft und mit viel Liebe zu gestalten. So wird das Abstillen zu einem positiven und natürlichen Schritt für beide.