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Fast alle Schwangeren möchten ihr Baby stillen. Da kann schon vor der Geburt erstmals die Frage aufkommen, wie Stillen mit einem geplanten Wiedereinstieg in Job, Ausbildung oder Studium zu vereinbaren ist. Der Beitrag zeigt, welche Rechte Stillende gemäß dem Mutterschutzgesetz haben und wie auch die Beratung Frauen ermutigen kann, dass beides gelingen kann.

Frau stillt im Homeoffice
istock.com/Anchiy

Stillen und Erwerbstätigkeit sollten grundsätzlich vereinbar sein: Das Mutterschutzgesetz [1] schützt Mutter (bzw. jede Person, die schwanger ist, ein Kind geboren hat oder stillt) und Kind nicht nur in der Schwangerschaft, sondern auch in der Stillzeit. Es ist hilfreich, in der Beratung auf aktuelle Informationen hinweisen zu können, falls das Thema eine Frau beschäftigt. So können Mütter frühzeitig ihren Wiedereinstieg in Bildung oder Beruf planen und weiterstillen, wenn sie das möchten.

Rund jede achte Frau kehrt im ersten Lebensjahr nach der Geburt zurück in ihren Beruf [2]; im zweiten Lebensjahr ist bereits fast die Hälfte der Mütter erwerbstätig [3]. Stillende stehen dann vor der Frage, wie sie weiter stillen können, wenn sie nach einer Babypause wieder arbeiten gehen, aber auch, wie der Wiedereinstieg in Schule, Ausbildung oder Studium gelingen kann. Je nach Studie stillen zwischen 20 und 40 Prozent ihr Kind noch im Alter von 12 Monaten [4–5]. Etwa 10 Prozent der Frauen, die nach 6 bis 12 Monaten abstillen, geben die Rückkehr in den Beruf als Grund an; bei einer Stilldauer von mehr als 12 Monaten sind es rund 15 Prozent [4].

Zeit zum Stillen oder Abpumpen muss nicht nachgearbeitet werden

Das deutsche Mutterschutzgesetz [1] erkennt die besondere Schutzbedürftigkeit Stillender am Arbeitsplatz an und fördert das Stillen (s. Tabelle 1): Stillende haben während der ersten zwölf Monate nach der Geburt das Recht auf bezahlte Stillzeiten. Bei einer Vollzeitbeschäftigung etwa sind das mindestens zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde. In dieser Zeit können sie ihr Kind stillen oder Milch abpumpen, dafür sollten geeignete Bedingungen zur Verfügung stehen. Wenn der Stillbedarf beispielsweise bei jüngeren Kindern höher ist, können individuell weitere Stillzeiten vereinbart werden. An Sonntagen, Feiertagen und in der Nacht müssen Stillende nicht arbeiten. Bereits in der Schwangerschaft ist immer eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Etwaige Schutzmaßnahmen während Schwangerschaft und Stillzeit sind mit der Mutter abzustimmen. Auch Schülerinnen und Studentinnen können sich für Stillzeiten freistellen lassen, zum Beispiel während mehrstündiger Prüfungen.

Tabelle 1: So schützt das Mutterschutzgesetz Stillende [1]
Thema Das sagt das Mutterschutzgesetz
Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen

§ 10: Arbeitsplatzbedingungen werden bereits in der Schwangerschaft überprüft und bei Bedarf Schutzmaßnahmen für Schwangerschaft und Stillzeit veranlasst.

Arbeitszeiten

§ 4–7: Tägliche Arbeitszeit: maximal 8,5 Stunden in der Zeit von 6 bis 20 Uhr. In der Regel keine Überstunden, keine Nachtarbeit und keine Arbeit an Sonn- und Feiertagen.

Zeiten zum Stillen / Pumpen § 7: Bei Vollzeitbeschäftigten mindestens 2 x täglich 30 Minuten oder 1 x pro Tag eine Stunde. Bei einer zusammenhängenden Arbeitszeit von mehr als 8 Stunden: 2 x mindestens 45 Minuten oder 1 x mindestens 90 Minuten. Teilzeitbeschäftigten stehen ebenfalls Stillzeiten zu. Diese sollten so gelegt werden, dass möglichst wenig Arbeitszeit ausfällt.
Kein Entgeltausfall § 23: Die Mitarbeiterin wird für die Stillzeiten von der Arbeit freigestellt. Diese Zeit muss weder vor- noch nachgearbeitet werden und ist auch nicht auf Ruhepausen anzurechnen. Ihr entsteht kein Entgeltausfall. Das gilt bis zum 1. Geburtstag des Kindes.
Raum zum Stillen / Pumpen

§ 9, § 29: Hier fordert der Gesetzgeber geeignete Bedingungen für Stillzeiten, etwa zum Stillen geeignete Räumlichkeiten bereitzuhalten.

Umsetzungstipp: Ein abschließbarer Raum steht zur Verfügung. Er enthält eine bequeme Sitzmöglichkeit, Abstellfläche, Waschbecken, Kühlmöglichkeit, Steckdose und idealerweise eine Wickelmöglichkeit. Wenn in der Nähe der Arbeitsstätte keine Stillgelegenheit vorhanden ist, muss die Stillende die Arbeitsstätte für die Stillzeiten verlassen dürfen.


Die praktische Umsetzung der gesetzlichen Regelungen ist noch keine Selbstverständlichkeit; das Wissen darüber ermöglicht Frauen, für ihre Rechte einzustehen. Bereits in der Schwangerschaft können sie bei ihrer Arbeitsstelle ansprechen, wie die Freistellung zum Stillen organisiert werden kann.

Frühen Wiedereinstieg ermöglichen

Stillfreundliche Bedingungen am Arbeitsplatz zu schaffen, lohnt sich angesichts des präventiven Potenzials des Stillens (s. Tabelle 2) auch für Arbeitgebende, denn Mütter, deren Babys seltener krank sind, haben weniger Fehlzeiten [6–10]. Günstige Arbeitsbedingungen ermöglichen es Frauen, früher in den Beruf zurückzukehren und sich mehr mit ihrem Betrieb zu identifizieren. Hilfreich ist auch, wenn Führungskräfte und Kolleg*innen über die rechtlichen Bedingungen informiert sind und Verständnis für die Bedürfnisse der Stillenden haben.

Tabelle 2: Risikoreduktion durch Stillen (ausgewählte Assoziationen, Metaanalysen)
  Risiko verringert um Vergleichsgruppe Anzahl Studien
Für das Kind
Durchfallerkrankungen [6] 63 %* Babys bis 6 Monate;
ausschließlich / überwiegend / jemals Stillen vs. Nichtstillen
23
Akute Mittelohrentzündung [7] 43 % Kinder bis 24 Monate;
6 Monate ausschließlich Stillen vs. Nichtstillen
5
Übergewicht / Adipositas [8] 13 % Kinder / Jugendliche / Erwachsene;
ausschließlich / überwiegend / jemals Stillen vs. Nichtstillen
11
Diabetes mellitus
Typ 2 [8]
24 % Kinder / Jugendliche / Erwachsene;
ausschließlich / überwiegend / jemals Stillen vs. Nichtstillen
3
Für die Mutter
Brustkrebs [9] 23 % Mutter hat im Leben mehr als 12 Monate gestillt vs. nicht gestillt 41
Eierstockkrebs [9]

21 %

37 % 

Jemals Stillen vs. Nichtstillen

Mutter hat im Leben mehr als 12 Monate gestillt vs. nicht gestillt

9

4

Diabetes mellitus
Typ 2 [10]

25 %
 

48 %

Mutter hat im Leben bis zu 6 Monate gestillt vs. nicht gestillt

Mutter hat im Leben 6 bis 12 Monate gestillt vs. nicht gestillt

1**

* Lesebeispiel: Gestillte Babys im Alter bis 6 Monate haben ein um 63 % geringeres Risiko, an Durchfall zu erkranken, als Babys bis 6 Monate, die nicht gestillt wurden. Bei der Auswertung wurden 23 sehr unterschiedliche Studien zusammengefasst, die ausschließliches, überwiegendes oder jemaliges Stillen beobachtet haben.

** prospektive, multizentrische 30-Jahre-Langzeitstudie CARDIA

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Lesetipp

Bundesfamilienministerium Leitfäden zum Mutterschutzgesetz

Das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) bietet Informationen für Schwangere und Stillende sowie für Arbeitgebende zum Mutterschutzgesetz und zu den einschlägigen Regelungen aus dem Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V).

Infos für Schwangere und Stillende

Infos für Arbeitgebende

Literatur

[1] Bundesministerium der Justiz: Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium. Im Internet: www.gesetze-im-internet.de/muschg_2018/; Zugriff: 13.07.2023

[2] Statistisches Bundesamt (Destatis): Erstergebnisse des Mikrozensus 2022 – Bevölkerung in Familien/Lebensformen in Hauptwohnsitzhaushalten: Erwerbstätigkeit von Eltern mit Kind unter einem Jahr (eigene Berechnung)

[3] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2020). (Existenzsichernde) Erwerbstätigkeit von Müttern. Konzepte, Entwicklungen und Perspektiven. Im Internet: www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/-existenzsichernde-erwerbstaetigkeit-von-muettern-158748; Zugriff 13.07.2023

[4] Brettschneider A-K, von der Lippe E, Lange C. Stillverhalten in Deutschland – Neues aus KiGGS Welle 2. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2018; 61:920–925

[5] Kersting M, Hockamp N, Burak C, et al. Studie zur Erhebung von Daten zum Stillen und zur Säuglingsernährung in Deutschland – SuSe II. Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg): 14. DGE-Ernährungsbericht. 2020. Vorveröffentlichung Kapitel 3, V 1–V 34. www.dge.de/fileadmin/dok/wissenschaft/ernaehrungsberichte/14eb/14-DGE-EB-Vorveroeffentlichung-Kapitel3.pdf. Zugriff: 13.07.2023

[6] Horta BL, Victora CG. Short-term effects of breastfeeding: a systematic review of the benefits of breastfeeding on diarrhoea and pneumonia mortality. Geneva: World Health Organization, 2013

[7] Bowatte G, Tham R, Allen KJ, Tan DJ, Lau M, Dai X, Lodge CJ. Breastfeeding and childhood acute otitis media: a systematic review and meta-analysis. Acta Paediatr 2015; 104(467): 85–95

[8] Horta BL, Loret de Mola C, Victora CG. Long-term consequences of breastfeeding on cholesterol, obesity, systolic blood pressure and type 2 diabetes: a systematic review and meta-analysis. Acta Paediatr 2015; 104(467): 30–37

[9] Chowdhury R et al. Breastfeeding and maternal health outcomes: a systematic review and meta-analysis. ActaPaediatr 2015; 104 (467):96–113

[10] Gunderson EP, Lewis CE, Lin Y, Sorel M, Gross M, Sidney S, Jacobs DR Jr, Shikany JM, Quesenberry CP Jr. Lactation Duration and Progression to Diabetes in Women Across the Childbearing Years: The 30-Year CARDIA Study. JAMA Intern Med 2018; 178(3): 328–337

[11] Nationale Stillkommission. Ist meine Kinder- und Jugendarztpraxis stillfreundlich? Checkliste der Nationalen Stillkommission zum Selbsttest für Kinder- und Jugendarztpraxen. 2023; (in Vorbereitung) 

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