Empfehlungen
- Eltern sollten für ein vielfältiges Angebot sorgen und Kinder ermutigen, neue Lebensmittel/Speisen zu probieren.
- Eltern sollten neue Lebensmittel/Speisen (wie Gemüse, Obst, Vollkornprodukte etc.) mehrfach und ohne Zwang anbieten und eine möglicherweise zeitweilige Ablehnung des Kindes akzeptieren. Wiederholtes Probieren erhöht die Akzeptanz von neuen Lebensmitteln/Speisen.
Grundlagen der Empfehlungen
Übersichtsarbeiten zeigen, dass ein vielfältiges Angebot und das mehrmalige Probieren von neuen Lebensmitteln die Akzeptanz und auch die Verzehrmengen erhöhen können [14, 15, 19, 138, 193]. Abwechslung und Vielfalt tragen auch zum Genuss beim Essen bei.
Hintergrundinformationen
Es ist wünschenswert, bereits frühzeitig die Akzeptanz für Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte (Nährstoffdichte = Menge eines Nährstoffs in einem Lebensmittel im Verhältnis zu seinem Energiegehalt), wie Gemüse und Obst, zu fördern. Im frühen Kindesalter geprägte Geschmackspräferenzen bleiben bis ins Erwachsenenalter bestehen [141].
Die Geschmacksprägung beginnt bereits im Mutterleib [137] und setzt sich im Säuglings- und Kleinkindalter fort [21, 25, 130]. Da Geschmacksstoffe in die Muttermilch übergehen, machen gestillte Kinder bereits früh verschiedene Geschmackserfahrungen und scheinen neue Lebensmittel leichter zu akzeptieren als dies bei nicht-gestillten Kindern der Fall ist [121]. Bis zum Alter von zwei Jahren sind Kinder für neue Geschmackserfahrungen in der Regel besonders offen. Die Phase, in der am häufigsten neue Lebensmittel und Speisen abgelehnt werden (Neophobie), erreicht zwischen zwei und sechs Jahren ihren Höhepunkt [65, 168].
Was Kinder essen (mögen), hängt vom Angebot und auch von der Gewohnheit ab. Wiederholtes Anbieten und Probieren von unbekannten Lebensmitteln können die Akzeptanz steigern. Dies wurde am häufigsten für den Obst- und Gemüsekonsum untersucht ̶ und ließ sich mit moderater Evidenz in allen Altersstufen beobachten [15, 138, 193]. Möglicherweise braucht ein Kind acht bis zehn Probierversuche (in einigen Fällen auch mehr), bevor es ein Lebensmittel akzeptiert [71, 138, 193]. Eine Metaanalyse von Interventionsstudien berichtete zudem von einem höheren Konsum, wenn Eltern ein bestimmtes Gemüse wiederholt einzeln anboten [138]. Eltern sollten neue Lebensmittel auch anbieten, wenn das Kind diese nicht probieren möchte; die wiederholte visuelle Exposition kann die Bereitschaft zum Probieren erhöhen [136, 212].
Wenn Kleinkindern regelmäßig verschiedene Lebensmittel angeboten werden, sind sie eher bereit, neue Lebensmittel auszuprobieren und eine größere Vielfalt zu akzeptieren [14]. Auch verschiedene Texturen sind dabei wünschenswert (z. B. weich, hart, faserig), um die Präferenz für Lebensmittel mit „komplexeren“ Texturen wie beispielsweise Vollkornprodukte zu fördern [136].
Eltern wecken die Neugier des Kindes, wenn sie Speisen abwechslungsreich, appetitlich und kindgerecht (z. B. hinsichtlich Textur und Größe der Lebensmittelstücke) anrichten und selbst genussvoll mitessen [136, 212]. Studien zum Lernen durch Beobachtung zeigen, dass Kleinkinder ab dem zweiten Lebensjahr auf das achten, was Eltern, Gleichaltrige und andere Bezugspersonen essen und dass sie eher bereit sind, diese Lebensmittel ebenfalls zu probieren und zu essen [136].
Essen ist ein Prozess vielfältiger sensorischer Erfahrung. Es ist wünschenswert, die sinnliche Wahrnehmung der Kinder zu unterstützen [90]. Sie sollten ermutigt werden zu entdecken, wie Speisen/Lebensmittel riechen, wie sie genau aussehen, welche Konsistenz und welchen Geschmack sie haben.
Hinweis: Beim Übergang von Brei auf feste Kost, bei der Einführung neuer Geschmacksrichtungen oder dem Beginn des Selbstessens können Anpassungsschwierigkeiten auftreten. Es kann Phasen geben, in denen das Kind sehr wählerisch oder nicht am Essen interessiert ist. Meist gehen sie von selbst vorüber. Eltern sollten sich jedoch immer an Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte wenden, wenn ihr Kind beim Essen übermäßig wählerisch ist, feste Nahrung verweigert, eine ausgeprägte Unlust am Essen hat oder nie Hunger erkennen lässt, nur bei extremer Ablenkung isst, wenn es ständig Essen hochwürgt, ausspuckt, sich übergibt oder wenn sie sich um das Gewicht ihres Kindes Sorgen machen.