Springe direkt zum Inhalt , zum Menü .

Gemeinsam im Familienkreis zu essen ist für Kleinkinder wichtig. Denn über gute Vorbilder lernen sie, was sie für ein gesundes Essverhalten brauchen. Oft aber fällt es im Alltag schwer, zwischen Beruf, Kita und Schule die Zeit und die nötige Ruhe für gemeinsame Tischmahlzeiten zu finden. Wie kann das Familienessen zu einem positiven Erlebnis für alle werden?

Familie am Essentisch
Monkey Business/Fotolia.com

In den ersten Lebensjahren wird die Grundlage dafür gelegt, was und wie ein Mensch im Laufe seines Lebens essen wird. Bei gemeinsamen Mahlzeiten lernen Kleinkinder alles, was sie für ein gutes Essverhalten brauchen [1, 2]. Das Netzwerk Gesund ins Leben empfiehlt daher in den bundesweiten Handlungsempfehlungen zur Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter, dass Kleinkinder so oft wie möglich zusammen mit Familienmitgliedern oder mit anderen Bezugspersonen essen [1]. Dabei profitieren Kleinkinder bereits dann von gemeinsamen Mahlzeiten, wenn sie mit nur einem Elternteil zusammen essen [3]. Frühstück und das Mittagessen eignen sich genauso gut dafür wie das Abendbrot. „Pro Woche gibt es damit mindestens 21 Gelegenheiten für ein gemeinsames Essen“, sagt Jutta Mata, Professorin für Gesundheitspsychologie an der Universität Mannheim und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Netzwerks Gesund ins Leben. „Das Essen muss auch nicht immer aufwendig gekocht sein. Eine Brotmahlzeit mit geschnittenem Gemüse und Obst ist genauso wertvoll.“

Wünschenswert ist eine entspannte, positive Atmosphäre bei Tisch mit ausreichend Zeit zum Essen [1]. Dabei gehört Erzählen, Lachen und Spaß machen dazu, während Bildschirmmedien wie Fernseher oder Smartphone stören und deshalb ausgeschaltet sein sollten [1]. Das ermöglicht allen Beteiligten, sich auf die Mahlzeit und aufeinander zu konzentrieren. Zu einer runden Erfahrung wird das Essen, wenn Kinder selbstständig essen dürfen, sobald sie dazu in der Lage sind [4] – auch, wenn einmal etwas daneben geht.

Vorbild sein und klare Regeln aufstellen

Eine abwechslungsreiche und ausgewogenes Ernährung ist wichtig, genauso aber auch gemeinsam zu essen. Beides gehört zur Entwicklung eines gesunden Essverhaltens, denn die Eltern, ältere Geschwister und andere Erwachsene, die regelmäßig mit am Esstisch sitzen, sind für ein Kleinkind die ersten und wichtigsten Vorbilder [5]. Bei gemeinsamen Mahlzeiten lernen Kinder viel durch Nachahmen, Interaktion und Kommunikation, zum Beispiel den Umgang mit Besteck sowie Tischmanieren. Dabei entwickelt sich außerdem ihre persönliche Einstellung zu Lebensmitteln. Wenn die Eltern mit Genuss Gemüse essen oder Wasser zum Essen trinken, schauen sich Kinder dieses Verhalten ab und machen es sich selbst zur Gewohnheit. Studien zeigen, dass Kleinkinder, die häufiger im Familienkreis essen, ein gesünderes Essverhalten zeigen [2]. Sie essen mit mehr Genuss und sind dabei weniger wählerisch [6].

Gewohnte Abläufe und klare Regeln für alle Familienmitglieder machen das Familienessen entspannter, da sie Kleinkindern Sicherheit und Orientierung geben. Ein Tischspruch beispielsweise ist eine Möglichkeit, den gemeinsamen Beginn des Essens zu markieren. Als weitere Regel kann vereinbart werden, dass immer alle beim Tisch decken und abräumen helfen – auch das Kleinkind selbst [3].

Essen und andere Aktivtäten getrennt halten

Kleinkinder sollten regelmäßig essen und den Tag über zum Beispiel 3 Hauptmahlzeiten und 2 kleinere Zwischenmahlzeiten erhalten. Dabei ist es wichtig, dass sich Mahlzeiten für das Kind erkennbar mit essensfreien Zeiten von zum Beispiel 2 bis 3 Stunden abwechseln [1]. Solch ein Mahlzeitenrhythmus strukturiert den Alltag von Kindern und sie lernen, dass es Zeiten zum Essen und Zeiten für Spiel, Bewegung und andere Dinge gibt. Zwischen den Mahlzeiten brauchen sie kein Essen oder andere Getränke als Wasser. So machen Kinder eine wichtige Erfahrung für ihr gesamtes Leben: Ihr Bedürfnis nach Essen muss nicht immer sofort befriedigt werden, sondern kann zugunsten einer gemeinsamen Mahlzeit aufgeschoben werden.

Mit Zeit und Ruhe essen

Gemeinsam essen heißt auch einander zugewandt zu sein. Wenn ein Elternteil auf dem Handy tippt, das andere die Zeitung liest und im Hintergrund der Fernseher läuft, wird das Potenzial gemeinsamer Mahlzeiten nicht ausgeschöpft – obwohl alle gemeinsam am Tisch sitzen. Es kommt nicht nur darauf an möglichst oft gemeinsam zu essen, sondern auch darauf, diese Mahlzeiten aktiv zu gestalten. Dabei geht es vor allem darum eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle wohlfühlen. Denn das fördert die Kommunikation [7] und steht Studien zufolge im Zusammenhang mit einer gesunden Entwicklung des Körpergewichts [3]. Eine Voraussetzung dafür ist, genügend Zeit zum Essen einzuplanen und Ablenkungen wie Spielsachen oder Bildschirmmedien für die essensfreie Zeit aufzuheben. Dann bleibt mehr Raum zum Austauschen, Lachen und Genießen.

Ein wichtiger Lernprozess für das Kind ist es außerdem, bei Mahlzeiten sitzen zu bleiben und sich für das Essen, Schmecken und Sattwerden Zeit zu nehmen. Ein Grund: Längere Mahlzeiten können dabei helfen das eigene Sättigungsgefühl besser wahrzunehmen. Dabei werden auch Zusammenhänge mit einer gesünderen Ernährungsweise gesehen [3].

Gelassen bleiben und die Selbständigkeit fördern

Beim Essenlernen braucht vieles ein wenig Übung, auch der Umgang mit Löffel und Gabel. In welchem Alter Kinder feinmotorisch so weit entwickelt sind, dass sie „unfallfrei“ mit Besteck, Geschirr und Trinkgefäßen umgehen können, ist individuell sehr unterschiedlich. Manche Kleinkinder können mit 11 Monaten weiche Speisen mit dem Löffel aufnehmen und in den Mund führen, andere erst im Alter von 2 Jahren [8, 9]. Mit kleineren Gabeln und Löffeln fällt es vielen Kindern leichter selbstständig zu essen. Esslernbestecke wie Schieber oder spezielle Trinklernbecher sind nicht notwendig.

Keinem Kleinkind wird es gelingen, ohne Kleckern selbständig essen zu lernen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf können Eltern Kleckse auf dem T-Shirt oder ein umgefallenes Glas möglicherweise gelassener nehmen. Geduld und Toleranz helfen dabei, die Mahlzeit für alle so entspannt wie möglich zu gestalten. Auch Lob für Dinge, die das Kind schon kann, trägt zu einer schönen Atmosphäre bei und macht Kleinkinder gleichzeitig stolz und selbstbewusst.

/

als hilfreich bewerten 0 Versenden
Titelbild Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter
BLE/Netzwerk Gesund ins Leben

Kostenlos

Broschüre Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter

Eine ausgewogene, nachhaltige Ernährung und viel Bewegung sind wichtig für die Entwicklung und das Wohlbefinden des Kleinkindes. Was heißt das genau? Der Sonderdruck fasst die aktualisierten Handlungsempfehlungen für Kinder von 1 bis 3 Jahren zusammen.

bestellen oder herunterladen

Literatur

[1] Abou-Dakn M, Alexy U, Beyer K et al. Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter – Aktualisierte Handlungsempfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben. Monatschr Kinderheilkd 2022; doi.org/10.1007/s00112-022-01519-3

[2] Dallacker M, Hertwig R, Mata J. Quality matters: a meta-analysis on components of healthy family meals. Health Psychol 2019; 38:1137–1149

[3] Dallacker M, Hertwig R, Mata J. The frequency of family meals and nutritional health in children: a meta-analysis. Obes Rev 2018; 19:638–653

[4] Chatoor I. Fütterstörungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Diagnose und Behandlungs- möglichkeiten. Stuttgart: Klett-Cotta, 2012

[5] Brunner KM. Der Ernährungsalltag im Wandel und die Frage der Steuerung von Konsummustern. In: Ploeger A, Hirschfelder G, Schönberger G (Hrsg) Die Zukunft auf dem Tisch. Analysen, Trends und Perspektiven der Ernährung von morgen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften/Springer Fachmedien, 2011: 203–218

[6] Verhage CL, Gillebaart M, van der Veek SMC et al. The relation between family meals and health of infants and toddlers: a review. Appetite 2018; 127:97–109

[7] Heindl I, Plinz-Wittdorf C. Essen ist reden mit anderen Mitteln – Esskultur, Kommunikation, Küche. Ernahr Umsch 2013: 60:8–15

[8] Carruth BR, Skinner JD. Feeding behaviors and other motor development in healthy children (2–24 months). J Am Coll Nutr 2002; 21:88–96

[9] Carruth BR, Ziegler PJ, Gordon A et al. Developmental milestones and self-feeding behaviors in infants and toddlers. J Am Diet Assoc 2004; 104:s51–56