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Gegen Ende des ersten Lebensjahres geht die Ernährung des Kindes von der Beikost in eine ausgewogene Familienkost über. Das Kleinkind kann und soll dann am Familienessen teilnehmen. Doch können Kleinkinder schon alles mitessen? Oder sollten bestimmte Lebensmittel für sie noch nicht auf dem Speiseplan stehen?

Kindergeschirr
Africa Studio/Fotolia.com

Eine ausgewogene, altersgerechte Ernährung und reichlich Bewegung sind wichtig für die gesunde Entwicklung und das Wohlbefinden von Kleinkindern (1–3 Jahre). Dabei können sie fast so essen „wie die Großen“. Bei der Auswahl von Lebensmitteln gelten die gleichen Empfehlungen wie für eine ausgewogene Familienernährung: reichlich Pflanzliches, mäßig Tierisches und sparsam Fettes und Süßes. Wichtig außerdem: viel Trinken, und zwar am besten Wasser. Nach den bundesweiten Handlungsempfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben gibt es nur wenige Lebensmittel, die für Kleinkinder noch nicht geeignet sind, weil sie gesundheitliche Risiken bergen [1]: Das betrifft Lebensmittel, an denen sich Kleinkinder leicht verschlucken können wie Nüsse, kleine Beeren, rohes Wurzelgemüse wie Möhren oder andere kleine und/oder harte Lebensmittel. Da ihr Immunsystem noch nicht ausgereift ist, sollten Kleinkinder außerdem keine rohen tierische Produkte wie Rohmilchkäse, Mett oder rohe Eier essen. Wenn Eltern vermuten, dass ihr Kind bestimmte Lebensmittel nicht verträgt, ist der Besuch bei der Kinderärztin oder beim Kinderarzt ratsam. Ohne gesicherte ärztliche Diagnose sollte die Lebensmittelauswahl des Kleinkindes nicht eingeschränkt werden [1].

Kleine Stücke landen leicht „im falschen Hals“

Kleinkinder reden häufig während des Kauens und ihr Kauvermögen ist stark eingeschränkt, solange die Backenzähne noch fehlen [2, 3, 4]. Daher können sie sich vor allem an ganzen oder nur grob zerkleinerten Nüssen leicht verschlucken. Das gleiche gilt für andere kleine harte Lebensmittelstückchen wie rohe Möhrenstückchen und auch kleine Beerenfrüchte. Solche Lebensmittel daher kindgerecht zerkleinern, reiben oder pürieren. So kann das sogenannte Aspirationsrisiko verringert werden [1].

Beim Verschlucken landet Nahrung fälschlicherweise in den Atemwegen (Aspiration) und kann diese blockieren. Bei Aspirationsunfällen gelangt der Fremdkörper in die Bronchien und zum Teil tief in die Lunge. Das kann dort zu schweren Entzündungen führen, im schlimmsten Fall besteht akute Erstickungsgefahr. Studien zeigen, dass bei Kleinkindern Lebensmittel zu den am häufigsten aspirierten Objekten gehören [4, 5, 6].

Hier einige Lebensmitteln, an denen sich Kleinkinder leicht verschlucken können:

  • Nüsse
  • Samen
  • kleine Beeren
  • ganze Weintrauben mit Kernen
  • Hülsenfrüchte
  • rohes Wurzelgemüse (im Ganzen oder in Stücken)
  • Fisch mit Gräten
  • Fleischstücke
  • harte Lutschbonbons, Kügelchen von Bubble Tea sowie Kaugummis. [3, 5]

In der Praxis hat sich gezeigt, dass Kleinkinder z. B. besser den ganzen Apfel zum „Abnagen“ bekommen sollten als kleine Stücke, an denen sie sich verschlucken können. Nüsse können in Form von Nussmus (ohne Zucker und weiteren Zusatz von Fett) auf den Tisch kommen. Nüsse zum Knabbern sollten nicht in der Reichweite von Kleinkindern stehen.

Rohe tierische Lebensmittel – besser nicht!

Bei Kleinkindern ist die Immunabwehr noch nicht vollständig ausgereift. Für ihre Ernährung heißt das: keine rohen tierischen Lebensmittel essen. Beispiele sind Fleisch, das nicht durchgebraten ist, Rohmilchkäse, Rohwurst wie zum Beispiel Teewurst oder Speisen mit nicht durcherhitzen Eiern. Eine gute Hygiene bei der Lebensmittelzubereitung schützt die ganze Familie vor einer möglichen Lebensmittelinfektion [1, 7]. Bei kleinen Kindern kann eine solche Infektion mitunter schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.

Vor allem rohe tierische Lebensmittel können manchmal mit Krankheitserregern wie Salmonellen, Campylobacter, Yersinien und enterohämorrhagischer Escherichia coli (EHEC) belastet sein [8]. Sie zählen zu den häufigsten Auslösern von Lebensmittelinfektionen im Kleinkindalter [9]. Deshalb sollten Kleinkinder diese Lebensmittel nicht essen [1, 7]. Wer sich noch aus der Schwangerschaft an die Empfehlung „keine rohen tierischen Lebensmittel“ erinnert, kann die gleichen Regeln jetzt für sein Kind anwenden.

Gut durcherhitzt schmeckt es allen gut!

Hitze tötet Krankheitserreger. Deshalb sollten tierische Lebensmittel wie Fleisch, Fisch und Eier vor dem Verzehr ausreichend erhitzt werden. Ausreichend heißt: eine Erhitzung des gesamten Lebensmittels, im Inneren und außen, auf 70 Grad Celsius oder mehr über mindestens zwei Minuten. Bei der Zubereitung in der Mikrowelle sollte auf gleichmäßiges Erhitzen geachtet werden. Sinnvoll ist es dafür, Gerichte wie Suppen oder Soßen zwischendurch einmal umzurühren. Auch Sprossen und Tiefkühlbeeren sollten vor Verzehr durcherhitzt werden. So wurden Sprossen vor einigen Jahren als Ursache von teils lebensbedrohlichen EHEC-Infektionen identifiziert [10]. Tiefkühlbeeren konnten schon als Ursache für Erkrankungen mit Noroviren und Hepatitisviren ermittelt werden [11]. Pasteurisierte, länger haltbare und H-Milch sind in der Molkerei ausreichend erhitzt.

Zum Schutz vor Lebensmittel-Infektionen sollen Kleinkinder diese Lebensmittel nicht essen:

  • Milch, Käse und daraus hergestellte Produkte mit der Aufschrift „Rohmilch“ oder „mit Rohmilch hergestellt“,
  • rohes Fleisch (z. B. Mett oder Hackepeter), Rohwurst (z. B. Salami, Teewurst oder Cervelatwurst) und nicht durchgebratenes Fleisch,
  • roher Fisch (z. B. in Sushi) und rohe Meerestiere sowie
  • rohe Eier sowie daraus hergestellte, nicht erhitzte Speisen (z. B. selbstgemachtes Mousse au chocolat oder Mayonnaise) [7].

Vielfalt – ja, bitte!

Eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung, die auch die Umwelt schont, unterstützt Kleinkinder bei der Entwicklung eines gesunden Essverhaltens und versorgt sie mit wichtigen Nährstoffen. Deshalb sollte zum Beispiel auch kein Lebensmittel einfach so vom Speiseplan eines Kindes gestrichen werden. Besteht der Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie oder ‑unverträglichkeit, sollte dies ärztlich bestätigt werden, bevor vielleicht unnötigerweise Lebensmittel gemieden werden [1]. Denn das beeinträchtigt nicht nur die Nährstoffversorgung des Kleinkindes, sondern geht oft auch mit sozialen Belastungen einher [12]. Lehnen Kleinkinder bestimmte Lebensmittel zeitweilig ab, ist das hingegen normal und in Ordnung. Denn an manch einen Geschmack gewöhnen sich Kleinkinder erst durch wiederholtes Probieren ohne Zwang [1, 13]. Vielfalt bei Lebensmitteln ist erwünscht und auch mit Kleinkindern am Familientisch gut möglich.

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BLE/Netzwerk Gesund ins Leben

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Literatur

[1] Abou-Dakn M, Alexy U, Beyer K et al. Ernährung und Bewegung im Kleinkindalter. Aktualisierte Handlungsempfehlungen des bundesweiten Netzwerks Gesund ins Leben. Monatsschr Kinderheilkd. doi.org/10.1007/s00112-022-01519-3

[2] Brkic F, Umihanic S et al. Tracheobronchial foreign bodies in children. Experience at ORL clinic Tuzla, 1954–2004. Int J Pediatr Otorhinolaryngol 2007; 71:909–915

[3] Gregori D, Salerni L, Scarinzi C et al. Foreign bodies in the upper airways causing complications and requiring hospitalization in children aged 0–14 years: results from the ESFBI study. Eur Arch Otorhinolaryngol 2008; 265:971–978

[4] Sidell DR, Kim IA, Coker TR et al. Food choking hazards in children. Int J Pediatr Otorhinolaryngol 2013; 77:1940-1946

[5] Benjamin SE. Making food healthy and safe for children: how to meet the caring for our children: national health and safety performance standards; guidelines for early care and educations programs. The National Training Institute for Child Care Health Consultants, Chapel Hill/NC, 2012

[6] Eich CB, Laschat M, Becke K et al. Interdisziplinäre Versorgung von Kindern nach Fremdkörperaspiration und Fremdkörperingestion. S2k-Leitlinie. Stand: 10.12.2015 (in Überarbeitung). Im Internet: www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/001-031.html (Zugriff: 02.06.2022)

[7] Bundesinstitut für Risikobewertung. Schutz vor Lebensmittelinfektionen im Privathaushalt, 2020. Im Internet: www.bfr.bund.de/cm/350/verbrauchertipps_schutz_vor_lebensmittelinfektionen
_im_privathaushalt.pdf (Zugriff: 02.06.2022)

[8] Robert Koch-Institut. Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2020. Im Internet: www.rki.de/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/Jahrbuch_2020.pdf?__blob=publicationFile (Zugriff 02.06.2022)

[9] Robert Koch-InstitutSurvStat, 2021. Im Internet: survstat.rki.de

[10] Robert Koch-Institut (2012) Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2011. RKI, Berlin

[11] Robert Koch-Institut (2012) Großer Gastroenteritis-Ausbruch durch eine Charge mit Noroviren kontaminierter Tiefkühlerdbeeren in Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen in Ostdeutschland, 09–10/2012. Epidemiol Bull 41

[12] Worm M, Reese I, Ballmer-Weber B et al. Update Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien – S2k-Leitline der DGAKI. DOI 10.5414/ALX02257 Allergologie 2021; 44: 488-541

[13] Ellrott T. Psychologische Aspekte der Ernährung. DOI 10.1055/s-0033-1356280 Diabetologie 2013; 8: 57–70